Ein Leuchten in der Welt

Der Bundestag gedenkt an diesem Mittwoch der Opfer des Nationalsozialismus. Es ist purer Zufall, dass es in der neuen Folge von TROSTSTOFF um zwei Bücher von Judith Kerr geht, die 1933 vor den Nationalsozialisten noch aus Berlin fliehen konnte.

Ihr Vater, Alfred Kehr, Theaterkritiker und entschiedener Gegner der Nationalsozialisten, wurde im Februar 1933 gewarnt.  Sein Pass sollte eingezogen werden. Er verlässt Berlin über Nacht nach Prag. Seine Frau Julia folgt ihm mit den Kindern Judith und Michael ins Exil – in die Schweiz, nach Paris, nach London. Über die Flucht, die Judith Kerr als 10jährige erlebte, hat sie als Erwachsene eine Trilogie geschrieben. Berühmt wird sie in Deutschland vor allem mit dem ersten Buch aus dieser Reihe:  “Als Hitler das rosa Kaninchen stahl”. 

In der nächsten Folge von TROSTSTOFF geht es nicht um das rosa Kaninchen, sondern um zwei andere Bücher von Judith Kerr: “My Henry” und “Goodbye Mog”. Auch diese beiden Bücher haben wie das rosa Kaninchen einen autobiographischen Hintergrund, auch davon ist zu hören im Gespräch mit Ute Wegmann, die die Autobiographie “Geschöpfe” von Judith Kerr übersetzt hat. 

Ich habe Judith Kerr im Januar 2017 in ihrem Haus in London besuchen dürfen. Es hat mich sehr beeindruckt, dass sie – damals 93 Jahre alt –  glücklich auf ihr Leben zurückschaute, dass sie kein bißchen verbittert war über ihre Flucht, die Fremde und anfängliche Armut. Und dass sie den Dialog mit denen, die vor ihr gestorben sind, nie hat abreißen lassen. Sie hatte einen sehr trostspendenden Blick auf die Gegenwart. Selbst unter schlimmsten Umständen konnte sie ein Leuchten in der Welt sehen.

Eure Winnie Heescher

@Das Foto zeigt ein Porträt von Judith Kerr, das ihre Tochter Tacey Kneale gezeichnet hat. Ich habe es bei meinem Besuch damals aufnehmen dürfen.